Blogger oder Freibierlätschn

 

Nach Society Girl, Charity Lady und Dirndl-Designer ist jetzt der neue Mode“Beruf“ in aller Munde: Blogger.

Wir sind ja nicht so die Social Media Generation, wir können auch durchaus mal ein Wochenende verbringen ohne das Smartphone auch nur einmal zu zücken, trotzdem leben wir nicht direkt hinter dem Mond.

Und so haben wir natürlich auch eine Facebook Seite, eine Internetseite und E-Mail. Und in unserem Posteingang häufen sich in der letzten Zeit Mails von Patricias, Vivianas, Sinas, Olivias und Debbies, die uns eine „Kooperation“ vorschlagen. Grob gesagt geht es immer darum, wir zahlen Betrag XXXX und schenken den Damen die neuesten Teile, dafür werden wir im Blog erwähnt, je nach Höhe des Betrag XXXX gibt es auch in Foto in den geschenkten Sachen. Ist natürlich total stylish und trotzdem lässig fotografiert, einfach eine ungezwungene „Momentaufnahme“.

Komisch, für uns ist das keine „Kooperation“ für uns ist das ein Geschäft. Und wenn Blogger ein Produkt vorstellen ist das für uns kein Blog, in dem jemand seine persönlichen Erfahrungen und seinen Geschmack mit anderen auf Freundschaftsbasis teilen möchte, sondern ganz einfach Werbung. Wir verstehen nicht, warum z.B. im Fernsehen alle Produktnamen verfremdet werden müssen um Schleichwerbung zu vermeiden, bei allen Blogs aber der Zusatz „Dauerwerbesendung“ fehlt.

Wir selbst nutzen das Internet, um Informationen zu erlangen, die jemand anders schon gefunden hat und gerne mit uns teilt. Dazu gibt es z.B. Reiseberichte, Rezeptseiten und Foren: Da wird einem vom Knödelrezept über Smartphone zurücksetzen bis hin zu Ausflugstipps in fernen Ländern echt top geholfen. Die Artikel sind in diesem Fall ehrliche Erfahrungen, die Werbung wird gut gekennzeichnet auf den Forenseiten außen rum geschalten und ist so gleich als Werbung erkennbar.

Wir konnten neulich mal miterleben, wie Blogger arbeiten. Wir wissen jetzt, dass diese lässig ungezwungenen Bilder aufwendig inszeniert sind: Der scheinbar spontan eingefangene Moment ist harte Arbeit: Mindestens 30 Aufnahmen, mit verschiedenen Positions-Korrekturen wurden von der Blogger-Assistentin mit einer professionellen Spiegelreflex-Kamera geschossen, das Ergebnis noch mal schick am mitgeführten Notebook nachbearbeitet. Während einer längeren Transferfahrt im Bus hat die Assistentin den dazugehörigen Text für den Männerblog geschrieben – der attraktive Blogger hat ihn nicht mal gegengelesen. In der Zwischenzeit haben wir uns etwas mit ihm unterhalten: Momentan arbeitet der Blogger noch in der Finanz-Branche, will aber demnächst rein vom Bloggen leben.

Das ist toll, dass man davon leben kann, dass einem andere alles Mögliche schenken und Geld für Werbung bezahlen. Auf der anderen Seite wäre es schön, wenn die Leser des Blogs das auch immer vor Augen hätten, das dieser werbliche Auftritt bezahlt werden muss:  Und zwar vom Unternehmen das die beworbenen Produkte herstellt. Und dieses Unternehmen muss die Kosten für die Geschenke und die „Kooperationen“ natürlich auf die Produkte umlegen: Also wird die/der Blogger/in im Endeffekt vom Kunden bezahlt.

Das ist jetzt der Punkt, den wir noch nie eingesehen haben: Viele „Promis“ fragen an, weil sie umsonst Bekleidung geschenkt haben möchten. Golf-Clubs möchten Rabatt. Bei jedem Fest im Umkreis von 50km werden wir um Verlosungsspenden angefragt. Das lehnen wir immer ab, denn tatsächlich müssten unsere lieben Kunden, die bei uns einkaufen, diese Geschenke mitbezahlen. Und genau das gleiche gilt für „Kooperationen“ mit Bloggern: Zahlt jeder Kunde beim Einkauf mit – bitte merken beim Lesen von Blogs!

Wie immer in der bairischen Sprache gibt es für solche Personen ein exakt passendes Wort: Freibierlätschn.

Hat es immer schon gegeben und wird es (wenn auch im englischen Wortkleid) immer geben: Amüsant mit anzusehen, lustig zum Zuhören aber im Hinterkopf weiß man schon, dass die Informationen aus dieser Quelle nicht so ganz neutral sind: Kommt halt immer drrauf an, wer die nächste Halbe Bier ausgibt.

Hier haben wir mal laienhaft kurz versucht, ein “blog-gerechtes” Foto zu kreieren:

In der Früh wurde bei einem handgemachten Mieder noch schnelll der letzte Knopf eingenäht, sieht im Original genau so aus: An unserem Tisch mitten im Laden, mitten im morgendlichen Rum-räum-Chaos.

von uns laienhaft bearbeitet wird doch ganz schnell ein blog-taugliches Foto daraus:

 

Dieses nur mal als Gegenüberstellung von Realität / Blog.

Wir freuen uns, dass sich unsere Kunden nicht für dumm verkaufen lassen, sondern genau zwischen Realität und Freibierlätschn-Erzählungen unterscheiden können.

Denn dem Spruch

“Nicht das Erreichte zählt sondern das Erzählte reicht”

wollen wir sowenig Raum wie möglich lassen.